Der Verein „Edelweiß-Wolfskinder“
Die „Wolfskinder“, die lange Zeit im sowjetisch besetzten Litauen lebten, konnten ihre Erinnerungen nicht öffentlich machen. Aus Sicherheitsgründen mussten sie vertuschen und später verheimlichen, dass sie gebürtige Deutsche waren. Diese ebenso unvermeidbare wie destruktive Verleugnung der eigenen Identität brachte ein permanentes Gefühl der Minderwertigkeit mit sich: ihre Nachnamen wurden lituanisiert, die Geburtsjahre gefälscht, Geschwister lebten unter Umständen nur wenige Kilometer voneinander entfernt und wussten dennoch nichts voneinander.
Nach Wiederherstellung der litauischen Unabhängigkeit im Jahre 1990 erhielten diese Menschen die Chance, sich auf die Suche nach ihren Ursprüngen sowie heute noch lebenden Angehörigen zu begeben. 1991 schlossen sich die in Litauen lebenden damaligen Kinder deutscher Herkunft in dem Verein „Edelweiß“ zusammen, dessen erste Versammlung am 14. September 1991 in Klaipėda stattfand. Im ersten Jahr des Bestehens traten dem Verein 58 „Wolfskinder“ bei. Bei dieser ersten Versammlung wurden drei Resolutionen und eine Erklärung ausgearbeitet, um wen es sich bei diesen Kindern handelt, die damals aus Ostpreußen nach Litauen kamen und weshalb der Verein sich den Namen „Edelweiß“ gegeben hat. Diese Erklärung wurde daraufhin an die regionale, die nationale und die deutsche Presse weitergeleitet. Außerdem verfassten die Wolfskinder kurze biografische Texte mit der Aufforderung, ihnen bei der Suche nach ihren Angehörigen zu helfen.
In den Folgejahren erweiterte sich der Tätigkeitsradius. Da sich immer Menschen aus verschiedensten Ecken des Landes gemeldet hatten, wurden Nebenstellen in Kaunas, Šiauliai, Tauragė, Marijampolė, Jurbarkas, Klaipėda und Vilnius gegründet. Nicht wenige der ehemaligen Wolfskinder sind inzwischen nach Deutschland ausgereist. Sie haben dort ihren ursprünglichen Nachnamen angenommen, ihr Geburtsdatum korrigiert und die deutsche Staatsangehörigkeit wiedererlangt.
1993 wurde der Verein in „Edelweiß-Wolfskinder“ umbenannt.